Hier erfahrt ihr, was der Prozessfähigkeitsindex ist und wie ihr ihn berechnet.
In der Fertigung betrachten Führungskräfte eine Gesamtdurchsatzrate von 100 % häufig als erstrebenswerte Leistung. Diese Metrik allein sagt jedoch nichts darüber aus, wie viel Nacharbeit aufgewendet werden musste, um diese scheinbar perfekte Rate zu erreichen. Um das Gesamtbild der Leistung einer Produktionsstraße zu erhalten, müssen Führungskräfte den Prozessfähigkeitsindex (Rolled Throughput Yield, RTY) berechnen und mit dem finalen Durchsatzanteil vergleichen.
Ohne ein Verständnis des RTY können bei Unternehmen umfangreiche Nacharbeiten notwendig werden. Dies kann die Kosten erhöhen, zu Unterbrechungen in den Produktionsstraßen führen und die pünktliche Fertigstellung gefährden.
Wenn ihr den RTY versteht, könnt ihr den Umfang der Nacharbeiten reduzieren und euch um kritische Problemfelder in der Produktionsstraße kümmern.
In diesem Beitrag werden die folgenden Themen behandelt:
- Was ist der Prozessfähigkeitsindex?
- Zweck des Prozessfähigkeitsindex
- Vorteile des Prozessfähigkeitsindex
- Berechnung des Prozessfähigkeitsindex
- Best Practices für den Prozessfähigkeitsindex
Was ist der Prozessfähigkeitsindex?
Der Prozessfähigkeitsindex ist die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Service oder Produkt den Fertigungsprozess fehlerfrei durchläuft. Der RTY ist eine einfach sichtbare Metrik, die darüber Auskunft gibt, wie sich Produktfehler negativ auf den Unternehmensprozess auswirken.
Idealerweise strebt ihr einen RTY von 100 % an, denn ein optimaler Prozentsatz bedeutet, dass jedes Produkt die Fertigungsstraße ohne einen einzigen Fehler durchläuft.
Denkt daran, dass beim RTY keine Produkte einbezogen werden, bei denen Nacharbeiten zur Fehlerbehebung durchgeführt wurden. Der Gesamtdurchsatz umfasst dagegen sämtliche Produkte, die die Qualitätskontrolle bestehen, selbst wenn dafür Nacharbeiten nötig waren.
Wenn ihr einen niedrigen Prozessfähigkeitsindex, aber einen hohen Gesamtdurchsatz habt, weist dies auf Nacharbeiten in erheblichem Umfang hin.
Zweck des Prozessfähigkeitsindex.
Der RTY wird hauptsächlich von Managerinnen und Managern in der Fertigung verwendet, um die Produktqualität zu messen und die Effizienz der Prozesse zu bewerten. Für diese Zwecke ist er gut geeignet. Er ist Teil der Six-Sigma-Methode, bei der es sich um ein Management-System zur Prozessverbesserung handelt, mit dem Verschwendung vermieden und Betriebsabläufe optimiert werden sollen.
Insbesondere zeigt der RTY den Unternehmen ernste Probleme in der Produktionsstraße auf, die behoben werden müssen, selbst wenn der Gesamtdurchsatz hoch ist.
Vorteile des Prozessfähigkeitsindex.
Der Prozessfähigkeitsindex ist eine gute Methode, um die Auswirkungen von Nacharbeiten auf eure Produktionsstraße oder Büroprozesse abzubilden. Ihr könnt diese Metrik mit anderen Durchsatzwerten kombinieren (zum Beispiel dem Durchsatz einzelner Prozesse oder dem Gesamtdurchsatz), um ein klareres Bild davon zu erhalten, wie minderwertige Qualität das Tagesgeschäft beeinträchtigt. Angenommen, der RTY zeigt, dass in euren aktuellen Fertigungsprozessen Defizite vorhanden sind. Dann könnt ihr den Durchsatz jedes einzelnen Prozesses untersuchen, um die genaue Ursache zu identifizieren.
Der RTY ist auch deshalb nützlich, weil damit Folgendes erzielt werden kann:
Sichtbarkeit der „Hidden Factory“.
Der Begriff „Hidden Factory“, also die „versteckte Fabrik“, bezieht sich auf Prozesse außerhalb der Fertigungsstraße, die beim Auftreten eines Fehlers ausgeführt werden.
Stellt euch vor, eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter entdeckt einen Fehler, nimmt das Produkt aus der Fertigungsstraße, führt Nacharbeiten durch und führt das Produkt dann wieder der Fertigungsstraße zu. Diese Reihe von Ereignissen ist Teil der Hidden Factory.
Die Hidden Factory kreiert eine zweite Kette unsichtbarer Prozesse und Arbeiten, die Produktivität verbrauchen und die Mitarbeitenden von ihren eigentlichen Aufgaben ablenken. Mit dem RTY könnt ihr diese Prozesse identifizieren und die Zeitverluste mindern. Außerdem könnt ihr mit dem RTY feststellen, wo Fehler auftreten, damit ihr eure Prozesse entsprechend anpassen könnt.
Aufdeckung fehlerhaften Materials.
Durch Prüfen des RTY lässt sich einfach ermitteln, in welchen Phasen der Prozesse die meisten Fehler auftreten. Angenommen, der RTY liegt nach dem ersten Fertigungsprozess bei 100 %, nach dem zweiten Prozess aber bei 75 %. Daraus könnt ihr schlussfolgern, dass im zweiten Produktionsprozess ein Verarbeitungs- oder Materialproblem vorliegt.
Sobald ihr die Ursache für den verringerten Durchsatz identifiziert habt, könnt ihr entsprechende Anpassungen vornehmen, um die Fehlerhäufigkeit zu senken und den Durchsatz zu erhöhen. Wenn ihr den RTY einsetzt, um Material- oder Verarbeitungsfehler aufzudecken, solltet ihr die Prozesse in chronologischer Reihenfolge untersuchen und den RTY nach jeder Anpassung neu bewerten.
Nachverfolgung kontinuierlicher Verbesserungen.
Der RTY eignet sich hervorragend zur Unterstützung kontinuierlicher Verbesserungsmaßnahmen und zur Nachverfolgung des Fortschritts im Zeitverlauf. Prüft nach jeder Anpassung eurer Unternehmensprozesse den RTY und überwacht die Verbesserungen. Wenn eine bestimmte Anpassung nur geringe oder gar keine Auswirkungen auf den Durchsatz hat, wisst ihr, dass andere Probleme für Zeitverluste oder Fehler ursächlich sind.
Die Nachverfolgung kontinuierlicher Verbesserungen mit dem RTY unterstützt die Steigerung der Produktivität und der betrieblichen Effizienz. Am Ende führen solche Verbesserungen zu einer höheren Rentabilität eures Unternehmens.
Um diese Vorteile zu maximieren, empfiehlt es sich, den RTY mit anderen Six-Sigma-Prinzipien und -Techniken zu kombinieren.
Berechnung des Prozessfähigkeitsindex.
Bei der Berechnung des RTY werden nur die Einheiten einbezogen, die euren gesamten Prozess ohne Nacharbeiten durchlaufen haben.
Multipliziert zunächst die Durchlaufraten für jede einzelne Phase miteinander. Ob die fehlerhaften Produkte nachbearbeitet oder entsorgt werden, ist für diese Berechnung unerheblich, da der RTY nur die Elemente in Betracht zieht, die beim ersten Mal erfolgreich sind und sämtliche Phasen eures Prozesses durchlaufen.
Die Formel für den RTY ist einfach und enthält nur eine Variable: die Durchsatzrate für jede Phase. Sie sieht wie folgt aus:
RTY = Durchsatz 1 x Durchsatz 2 x … Durchsatz n (wobei n für den Durchsatz des letzten Verarbeitungsschritts steht).
Unter „Durchsatz“ verstehen wir die Anzahl akzeptabler Einheiten im Verhältnis zur Gesamtzahl der Einheiten, die in die Produktion eingehen.
Sehen wir uns nun die einzelnen Schritte zur Berechnung des RTY genauer an.
- Berechnung des Durchsatzes jedes einzelnen Prozesses.
Um den Durchsatz zu berechnen, dividiert einfach die Anzahl akzeptabler Einheiten durch die Gesamtzahl der Einheiten, die in die Produktion eingehen.
Angenommen, der Fertigungsprozess für einen Rollgabelschlüssel eines Werkzeugherstellers umfasst vier Phasen und 2.000 Schraubenschlüssel gehen in die Produktion. Nach Abschluss des ersten Prozesses sind die Mitarbeitenden gezwungen, 100 Schraubenschlüssel aufgrund von Materialfehlern aus der Fertigungsstraße zu nehmen. Der Durchsatz der ersten Phase wäre dann:
Durchsatz = 1.900/2.000
Durchsatz = 0,95 bzw. 95 %
Nun durchlaufen die Schraubenschlüssel die zweite Phase. Nehmen wir für unser Szenario an, dass 500 Schraubenschlüssel wegen eines Fehlers mit der Rändelmutter aus der Produktion genommen werden. Der Durchsatz der zweiten Phase wäre dann:
Durchsatz = 1.400/1.900
Durchsatz = 0,73 bzw. 73%
In der dritten Phase werden weitere 200 Schraubenschlüssel wegen fehlerhafter Federn aussortiert. Der Durchsatz der dritten Phase wäre dann:
Durchsatz = 1.200/1.400
Durchsatz = 0,85 bzw. 85%
In der letzten Phase werden die Schraubenschlüssel fertiggestellt und das Firmenlogo wird eingestanzt. Von den 1.200 verbleibenden Schraubenschlüsseln bestehen 1.150 die letzte Phase der Qualitätsprüfung. Der Durchsatz der letzten Phase wäre dann:
Durchsatz = 1.150/1.200
Durchsatz = 0,95 bzw. 95 %
Zwar können alle Phasen des Fertigungsprozesses für die Schraubenschlüssel noch verbessert werden, doch die zweite Phase hat den niedrigsten Durchsatz und wirkt sich somit am stärksten auf den RTY aus.
- Erwägung von Nacharbeiten.
Durch die Berechnung des Durchsatzes zeigt sich, wie viele Produkte den gesamten Produktionszyklus durchlaufen. Allerdings sagt der Gesamtdurchsatz nichts darüber aus, wie viele Produkte in der Hidden Factory repariert und erneut dem Produktions-Workflow zugeführt werden.
Der Prozess der Reparatur fehlerhafter Produkte wird „Nacharbeit“ genannt und kann eure Ressourcen erheblich belasten. Wenn ihr die Nacharbeiten bei der Bewertung eurer betrieblichen Produktivität ignoriert, können diese Schwächen in euren Prozessen unentdeckt bleiben und euch viel Zeit und Ressourcen kosten.
Um die Nacharbeit in die Berechnung einzubeziehen, dividiert die Anzahl der ohne Nacharbeiten erfolgreich produzierten Einheiten durch die Gesamtzahl der Einheiten, die in die Produktion gegangen sind. Für das obige Beispiel der Schraubenschlüssel würde die Formel wie folgt aussehen:
Durchsatzrate = 1.150 ohne Nacharbeiten produzierte Schraubenschlüssel/2.000 Schraubenschlüssel in der Produktion
Durchsatzrate = 0,575 bzw. 57,5 %.
Sobald ihr die Durchsatzrate (TPY) berechnet habt, könnt ihr den RTY bestimmen.
- Kombination der Durchsatzraten in den RTY.
Ihr könnt eure Durchsatzraten mit zwei Methoden in den RTY einrechnen. Welche Methode ihr verwendet, hängt vom Aufbau eures Fertigungsmodells ab.
Die erste Methode wird Serienprozess genannt. Sie wird bei linearen Fertigungsstraßen wie in unserem Schraubenschlüssel-Beispiel verwendet. In dieser Fertigungsstraße führt jeder Prozess direkt in den nächsten.
Die Gleichung für den RTY bei Serienprozessen lautet wie folgt:
RTY = TPY von Prozess 1 x TPY von Prozess 2 x TPY von Prozess 3 …
Ihr könnt so viele Prozesse wie nötig einfügen. Der RTY für unsere hypothetische Schraubenschlüsselfabrik wäre wie folgt:
RTY = 0,95 x 0,73 x 0,85 x 0,95
RTY = 0,56 bzw. 56 %
Der alternative Ansatz für die Berechnung des RTY ist die parallele Methode, die verwendet wird, wenn verschiedene Prozesse gleichzeitig erfolgen. Dies können unabhängige Prozesse sein, die gleichzeitig stattfinden, oder Funktionen, die für dieselbe Fertigungsstraße eingesetzt werden. Den RTY dieser Prozesse könnt ihr berechnen, indem ihr das Minimum berechnet. Die Gleichung lautet:
RTY = min (TPY von Prozess 1, TPY von Prozess 2, TPY von Prozess 3).
Angenommen, unser Hersteller von Schraubenschlüsseln produziert auch Schraubendreher, und beide sollen als Teil eines Werkzeug-Sets verkauft werden. Deshalb laufen die Fertigungsprozesse für Schraubenschlüssel und Schraubendreher parallel ab.
Wenn 2.000 Schraubendreher in die Produktion gehen und am Ende 1.800 herauskommen, wäre die Durchsatzrate der ersten Phase wie folgt:
Durchsatzrate = 0,9 bzw. 90 %.
Der RTY für die ersten beiden Produktionsprozesse für Schraubenschlüssel und Schraubendreher wäre dann folgender:
RTY = min (95 %, 90 %)
RTY = 90 %
Dieser Vergleich wird dann für beide Werkzeuge für die folgenden vier Phasen der Fertigungsstraße jeweils wiederholt. Wenn ihr die minimale Durchsatzrate für alle vier Phasen ermittelt habt, multipliziert ihr diese Werte miteinander, um den Gesamt-RTY zu ermitteln.
Best Practices für den Prozessfähigkeitsindex.
Um euren RTY zu berechnen und sinnvoll für euer Unternehmen einzusetzen, haltet euch an die folgenden drei wichtigen Best Practices:
- Konzentriert euch auf den einen oder die zwei Schritte mit der niedrigsten Erstausbeute (First-Pass-Yield). Wenn ihr nur begrenzte Ressourcen für die Prozessverbesserung verfügbar habt, priorisiert die Schritte mit der niedrigsten Erstausbeute. In unserem Beispiel mit den Schraubenschlüsseln wurden in der zweiten Fertigungsphase 500 Schraubenschlüssel aus der Produktion genommen. Wenn sich die für das Fertigungs-Management zuständigen Personen als Erstes um diese Phase kümmern, erzielen sie den größten Effekt auf die Produktivität und gewinnen möglicherweise freie Ressourcen, die an den anderen, weniger dramatischen Fehlern arbeiten können.
- Beziffert den Wertverlust. Wenn ihr eure Stakeholder zum Handeln veranlassen möchtet, beziffert nach der Berechnung des RTY den Euro-Betrag, der durch Nacharbeiten oder Komponentenverschwendung verloren geht. Wenn ihr den durch Prozessineffizienzen verursachten Verlust für euer Unternehmen quantifiziert, habt ihr starke Argumente für die Überarbeitung der Produktionsphasen und die Neubewertung der Materialbeschaffungsstrategien.
- Behebt alle Probleme mit Teilen (oder Informationen). Wenn fehlerhafte Teile oder falsche Informationen die Ursache für eure RTY-Probleme sind, stellt sicher, dass diese Probleme angegangen werden. Denkt daran, dass ungeeignete oder minderwertige Eingänge immer zu suboptimalen Resultaten führen. Wenn ihr dagegen Prozesse oder Workflows mit hochwertigen Daten und Komponenten beginnt, verbessern sich eure Durchsatzraten organisch.
Ob ihr für das Management von Fertigungsstraßen oder für Service-bezogene Prozesse zuständig seid: Diese etablierten Best Practices könnt ihr problemlos auf eure RTY-Berechnungen anwenden.
Verbessert eure Unternehmensprozesse noch heute.
Der Prozessfähigkeitsindex ist ein wertvolles Tool, mit dem Organisationen erkennen können, wie Fehler ihre Produktionsstraßen oder Service-Workflows beeinflussen. Mit diesen Erkenntnissen können sich Unternehmen um kritische Problemfelder kümmern und den Umfang der erforderlichen Nacharbeiten reduzieren.
Der RTY zählt zu den 10 meistverwendeten Metriken in Six-Sigma-Methoden. Mit Six Sigma können Unternehmen ihre Prozesse besser verstehen, die Problemfelder und passende Lösungen identifizieren und Strategien zur Prozessoptimierung implementieren, um die Geschäftsergebnisse zu verbessern.
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