Einführung in die Fehlerursachenanalyse.
Führungskräfte sind stets bestrebt, die Effizienz zu steigern. Wiederholt auftretende Probleme und ineffiziente Prozesse führen zur Verschwendung von Ressourcen, schmälern den ROI und beeinträchtigen die Arbeitsmoral. Doch die Behebung tief verwurzelter Probleme und Verbesserung etablierter Systeme kann sich als schwierig erweisen. Viele Managerinnen und Manager versuchen direkt, die Symptome eines Problems zu bekämpfen. Eine dauerhafte Veränderung lässt sich jedoch nur erzielen, wenn sie bei der Ursache ansetzen.
Die Fehlerursachenanalyse (Root Cause Analysis, RCA) ist die Voraussetzung für effektive Veränderungen, da sie eine konstruktive Struktur zur Betrachtung eines Problems bietet.
Themen dieses Beitrags:
- Erläuterungen zur Fehlerursachenanalyse.
- Vorgehensweisen bei der Fehlerursachenanalyse.
- Methoden und Ansätze für die Fehlerursachenanalyse.
Erläuterung zur Fehlerursachenanalyse.
Die Fehlerursachenanalyse (Root Cause Analysis, RCA) ist ein systematischer Ansatz zur Identifizierung des Kerns eines Problems oder einer Ineffizienz, mit dem Ziel, die bestmögliche Lösung dafür zu ermitteln. Sie basiert auf der Auffassung, dass sich wiederkehrende Probleme vermeiden und bestehende Prozesse verbessern lassen, wenn die zugrunde liegenden Ursachen ermittelt und beseitigt werden, anstatt sich auf oberflächliche Symptome zu konzentrieren.
Die RCA wird häufig angewandt, um Probleme zu lösen und notwendige Präventivmaßnahmen für Situationen wie schwere und leichtere Unfälle, Wartungs- und Fertigungsprobleme, Behandlungsfehler (Kunstfehler), Umweltverschmutzungen, Produktivitätsprobleme oder alltägliche, durch menschliches Versagen verursachte Vorfälle aufzuzeigen.
Vorgehensweise.
Es gibt verschiedene RCA-Ansätze, die jedoch alle derselben allgemeinen Struktur folgen.
1. Definiert das Problem bzw. das Ziel.
Der erste Schritt der Fehlerursachenanalyse besteht darin, das zu lösende Problem bzw. die zu erzielende Verbesserung zu definieren. Es ist wichtig, das Problem umfassend und gründlich zu verstehen.
Nehmt euch Zeit, dem Problem bzw. der Verbesserung, die ihr euch zum Ziel gesetzt habt, auf den Grund zu gehen. Erfasst relevante Daten und dokumentiert eure Analysen. Dabei solltet ihr Folgendes berücksichtigen:
- Wie wirkt sich das Problem auf das Unternehmen als Ganzes aus?
- Wie häufig tritt das Problem auf oder wie oft wird die Ineffizienz festgestellt?
- Wie wird das aktuelle Problem oder der Prozess gemessen?
Einer Betriebsleitung könnte zum Beispiel auffallen, dass neue Produktversionen häufig zu spät veröffentlicht werden. Sobald sie Daten und Erkenntnisse zusammenträgt, kann sie mit Gewissheit sagen, wie oft die Produktveröffentlichungen hinter dem Zeitplan zurückbleiben, und eine konkrete Beschreibung des Problems liefern. Außerdem ist sie so in der Lage, das Problem in Bezug auf das Unternehmen als Ganzes zu erörtern. Ständige Verzögerungen bei Produktveröffentlichungen beeinträchtigen das Kundenerlebnis und das Kundenvertrauen, führen zu erhöhter Abwanderung und wirken sich negativ auf den Umsatz aus.
2. Tragt mögliche Ursachen per Brainstorming zusammen.
Listet nach der Identifizierung eines Problems alle möglichen Faktoren oder Ereignisse auf, die zu diesem Problem beigetragen haben könnten. Wenn ihr einen Prozess verbessern möchtet, solltet ihr jeden Aspekt genau beschreiben. Macht euch zunächst keine Gedanken über die Validierung der Ursachen. Führt ein Brainstorming durch und erstellt eine möglichst lange Liste.
Analysiert dann die tatsächlichen Auswirkungen der einzelnen infrage kommenden Ursachen. Möglicherweise müsst ihr weitere Nachforschungen anstellen, um alle Faktoren auszuschließen, die auf den ersten Blick ursächlich erscheinen, es aber in Wirklichkeit nicht sind. Setzt anschließend Prioritäten für die verbleibenden Ursachen. Ermittelt, welche Maßnahmen die größten Auswirkungen haben und welche unbedeutend sind.
Kommen wir wieder auf die Betriebsleitung zurück, die mit verspäteten Produktveröffentlichungen zu kämpfen hat. Sie kann mit dem Kanban-Board des Teams oder einem anderen Produktentwicklungsprozess anfangen und in jeder Phase ein Brainstorming über mögliche Ursachen durchführen. Beispielsweise könnte sie Folgendes auflisten:
- Ideen werden zu lange nicht konkretisiert oder es wird nicht rechtzeitig mit ihrer Umsetzung begonnen.
- Die Arbeit wird den Team-Mitgliedern nicht schnell genug zugewiesen.
- Genehmigungsverfahren nehmen zu viel Zeit in Anspruch.
- Das Einholen von Feedback dauert zu lang.
- Feedback geht verloren.
Nach der Erstellung einer vollständigen Liste der möglichen Ursachen könnte die Betriebsleitung dann jede einzelne Ursache analysieren. Beispielsweise müsste sie Team-Mitglieder befragen oder die Daten digitaler Kanban-Boards überprüfen, um festzustellen, wie lange das Team braucht, um Feedback einzuholen, und wie dieses Feedback intern weitergegeben wird.
3. Erarbeitet Lösungen.
Sobald ihr die Ursache eines Problems – oder die Ursache, die die Funktionsfähigkeit eines Systems oder Prozesses beeinträchtigt – identifiziert und detailliert beschrieben habt, solltet ihr mögliche Lösungen erarbeiten. Die Befragung von Mitarbeitenden der betreffenden Abteilung ist eine gute Möglichkeit, um Anregungen und Empfehlungen von Personen zu erhalten, die mit der Arbeit vertraut sind.
Angenommen, im Beispiel mit der Betriebsleitung ist das Feedback eine der Hauptursachen für Verzögerungen. Die Betriebsleitung würde sich also mit dem Team zusammensetzen und mögliche Lösungen erörtern. Wahrscheinlich sprechen sie über die Kanäle, die sie derzeit nutzen, um Feedback einzuholen, über die Strategien zur Sammlung von Feedback und wie es an das Team weitergegeben wird. Zu den möglichen Lösungen gehören die Entwicklung eines gezielteren Prozesses zur Einholung von Feedback und die Beauftragung einer Person mit der Aufgabe, sich um die eingehenden Kommentare und Anregungen zu kümmern.
4. Implementiert Lösungen.
Sobald ihr Lösungen entwickelt und validiert habt, solltet ihr diese strategisch implementieren, um sicherzustellen, dass keine neuen Prozesse und Fehlerbehebungen auf der Strecke bleiben. Gegebenenfalls müsst ihr die Team-Mitglieder einbinden, die direkt mit dem Problem konfrontiert sind, oder euch die Unterstützung der Geschäftsleitung sichern. Wenn ihr mit einem Team zusammenarbeitet, solltet ihr eine Ansprechperson oder eine Projektleitung benennen, die dafür sorgt, dass die Umsetzung nicht ins Stocken gerät.
Die Betriebsleitung aus unserem Beispiel könnte ein Team-Mitglied damit beauftragen, ein besseres Verfahren für die Einholung von Feedback zu entwickeln, und ein anderes Team-Mitglied damit, die eingehenden Bewertungen zu überprüfen. Die Betriebsleitung müsste mit diesen Team-Mitgliedern regelmäßige Kontrolltermine vereinbaren, um sicherzustellen, dass die Implementierung ordnungsgemäß erfolgt.
5. Überwacht die Ergebnisse.
Abhängig von der implementierten Lösung erstreckt sich der Überwachungszeitraum über Wochen oder Monate. Nehmt Anpassungen vor, falls die vorgeschlagenen Lösungen nicht funktionieren. Wenn ihr wiederholt Anpassungen vorgenommen habt und die Lösungen nicht greifen, solltet ihr Lösungen für die anderen primären Ursachen erarbeiten und umsetzen, die ihr ermittelt habt.
Noch einmal zurück zu unserem Beispiel: Die Betriebsleitung würde den Prozess für Feedback wahrscheinlich mindestens über mehrere Produktveröffentlichungs-Zyklen hinweg überwachen. Zunächst sollte sichergestellt werden, dass der neue Prozess zur Einholung von Feedback effektiv ist, indem überprüft wird, ob das Team mehr Feedback erhält oder zumindest schneller als zuvor. Die Betriebsleitung würde sicherstellen, dass das Feedback, das eingeht, schneller als in der Vergangenheit an das Team weitergegeben wird. Schließlich überprüft sie die Zeitpläne für die Produktveröffentlichung, um festzustellen, ob die Verbesserungen in der Feedback-Schleife die Veröffentlichungsfristen insgesamt verbessert haben.
Wenn die Betriebsleitung feststellt, dass das Feedback nicht schneller ankommt oder dass es dem Team nicht geholfen hat, die Fristen für die Produktveröffentlichung einzuhalten, kann sie einfach auf die Liste möglicher Ursachen aus dem zweiten Schritt zurückgreifen und damit beginnen, Lösungen für eine andere mögliche Ursache zu entwickeln. Wenn schnellere Feedback-Schleifen zu pünktlicheren Produktveröffentlichungen führen, kann das Team immer noch beschließen, sich einer weiteren möglichen Ursache zu widmen und den Prozess zusätzlich zu optimieren.
Methoden und Ansätze für die Fehlerursachenanalyse.
Die RCA ermittelt Faktoren, die sich auf ein Problem oder ein Ereignis auswirken. So flexibel wie der Gesamtprozess der Fehlerursachenanalyse ist, so flexibel sind auch die Methoden und Ansätze.
- Änderungsanalyse – Dieser RCA-Ansatz, der auch als Änderungsauswirkungsanalyse bezeichnet wird, gleicht eine Abweichung mit einer Norm ab, um die Grundursache für die Abweichung zu ermitteln. Hierbei werden Änderungen bei Personal, Ausrüstung, Infrastruktur, Informationen und anderen Faktoren untersucht, die die Systemleistung beeinträchtigt haben könnten.
- Kausalfaktorenanalyse – Eine RCA-Methode, die auch als Kausalfaktoren-Baumanalyse bezeichnet wird. Bei diesem Ansatz werden alle Maßnahmen und Bedingungen (oder Kausalfaktoren) aufgezeichnet und visuell dargestellt, die zu einem bestimmten Problemereignis geführt haben.
- Ereignisanalyse – Diese Methode, die gelegentlich mit der Kausalfaktorenanalyse gleichgesetzt wird, sieht eine schnelle Beweiserhebung vor, um eine Zeitleiste für die Aktionen und Bedingungen zu erstellen, die zu einem Problemereignis geführt haben. Auf dieser Grundlage können Teams ursächliche und mitursächliche Faktoren ermitteln. Die Ereignisanalyse wird häufig bei großen, nicht wiederkehrenden Vorfällen (beispielsweise Explosionen) eingesetzt.
- Barrierenanalyse – Die Barrierenanalyse, die häufig bei Sicherheitsvorfällen eingesetzt wird, ist ein RCA-Ansatz, der auf der Prämisse beruht, dass Probleme hätten erkannt und verhindert werden können, wenn die richtigen Vorkehrungen getroffen bzw. Barrieren errichtet worden wären. Bei der Barrierenanalyse werden die verschiedenen, durch bestimmte Gefahren verursachten Auswirkungen beleuchtet und es wird untersucht, weshalb die betreffenden Barrieren (oder Kontrollen) den betreffenden Unfall nicht verhindern konnten.
- 5-Why-Methode – Die 5-Why-Methode wurde in den 1970er Jahren von Toyota aufgegriffen und verbreitet und trägt dazu bei, mit Warum-Fragen schnell zur Ursache eines Problems vorzudringen, indem man bis zu fünf Mal nach dem Grund und nach der Ursache des betreffenden Problems fragt.
- Ishikawa- bzw. Fischgräten-Diagramm – Das Ishikawa-Diagramm, das auch als Ursache-Wirkungs-Diagramm bezeichnet wird, ist ein Analyse-Tool zur grafischen Darstellung von Ursachen, die zu einem Ergebnis führen oder dieses maßgeblich beeinflussen. Es ist wie ein Fischskelett aufgebaut und gruppiert lange Listen von Ursachen in damit zusammenhängenden Unterkategorien. Anhand dieser Struktur lässt sich feststellen, welche Ursachen am wahrscheinlichsten die Hauptprobleme darstellen.
- Kepner-Tregoe-Analyse – Dieses auch als KT-Analyse bekannte RCA-Modell sieht die Abgrenzung eines Problems von Entscheidungen durch vier Phasen der Problemlösung vor: Problemanalyse, Entscheidungsanalyse, Situationsanalyse und Analyse potenzieller Probleme.
- Pareto-Analyse – Diese beruht auf dem Pareto-Prinzip (auch 80-zu-20-Regel) bzw. der Beobachtung, dass 80 % der Probleme durch 20 % der möglichen Ursachen bedingt sind. Im Rahmen der Pareto-Analyse wird eine Lösung ausgewählt, die den größten Nutzen bietet.
Einige dieser Methoden und Techniken werden auch als Baumdiagramme oder -analysen bezeichnet, da sie die Ursachen eines Faktors ermitteln und die möglichen Korrekturmaßnahmen aufführen. Die Änderungsanalyse wird beispielsweise auch als „Änderungsbaumanalyse“ bezeichnet, weil zur Darstellung der Ursachen und Auswirkungen einer Änderung auch ein Baumdiagramm verwendet werden kann.
Ressourcen zur Fehlerursachenanalyse.
Wenn ihr mehr über die Fehlerursachenanalyse erfahren möchtet, findet ihr hier einige geeignete Ressourcen:
- The 5 Whys. Eine umfassende Informationsquelle zur 5-Why-Analyse.
- A complete guide to data analysis and how to keep your business competitive in 2022. Eine unverzichtbare Lektüre, wenn ihr erfahren möchtet, wie ihr die erfassten Daten nutzen könnt, um die Wettbewerbsfähigkeit eures Unternehmens aufrechtzuerhalten.
- Root Cause Analysis: The Core of Problem Solving and Corrective Action. Wenn ihr nach Informationen sucht, die eher auf den Problemlösungsprozess als auf die Ursachenermittlung abzielen, dann seid ihr mit diesem Buch bestens beraten.
Erste Schritte mit der Fehlerursachenanalyse.
Die Fehlerursachenanalyse verhindert, dass wiederkehrende Probleme auftreten, indem sie Unternehmen dabei unterstützt, die zugrunde liegende Ursache von Problemen zu ermitteln. Sie kann auch zur Verbesserung bereits bestehender Prozesse genutzt werden.
Die Fehlerursachenanalyse ist zwar einfach, aber nicht notwendigerweise leicht. Für die Analyse eines schwerwiegenden Problems oder die Verbesserung eines eingebetteten Prozesses sind viele Daten und Analysen erforderlich. Daher benötigt ihr die bestmöglichen Tools. Adobe Workfront ist eine Work-Management-Lösung, die Aufgaben mit Strategien verknüpft und die Zusammenarbeit unterstützt, um messbare Geschäftsergebnisse zu erzielen.
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