Mit digitalen Versandlösungen die Kundenbindung stärken
Mit der Pandemie sind zahlreiche wichtige Jobs in den Mittelpunkt gerückt, die zuvor ein Schattendasein führten. Mitarbeiter im Einzelhandel, Lehrer und all jene, die im Liefer- und Logistiksektor tätig sind – sie alle übten auch vor der Coronakrise wichtige Tätigkeiten aus, doch erst jetzt verstehen wir ihre Rolle bei der Aufrechterhaltung unserer Welt wirklich und haben sie zu schätzen gelernt.
Ich musste mich im Internet noch nie anstellen. Doch als der Lockdown begann, habe ich mich online unter alle anderen gereiht, die sich um Lebensmittellieferungen bemühten. Lieferanten haben dafür gesorgt, dass das Land zu essen hatte und niemand in Supermärkte gehen musste.
Ein Tauschhandel: Komfort gegen Daten
Doch bedeutet diese neue Wertschätzung für diese Branche, dass wir zusätzliche Eingriffe in unsere persönlichen Bereiche im Gegenzug für verbesserten Komfort in Kauf nehmen. Um das lästige Problem der letzten Meile zu lösen, möchte die Logistik mehr über euch erfahren. Die Lieferung des Pakets bis zur Haustür ist nämlich der teuerste und zeitaufwändigste Teil des ganzen Prozesses. Die Logistik möchte sogar in euer Zuhause kommen.
Ein Geständnis: Ich mache bereits mit. Ich habe letztes Jahr in Polen eine Präsentation gehalten. Ich stand auf der Bühne und meine Ring‑Türklingel sendete eine Nachricht an mein Handy, dass Amazon versucht, ein Paket zuzustellen. Ich öffnete mein Auto, das vor meinem Haus geparkt war, per Fernzugriff und der Fahrer deponierte das Paket im Kofferraum.
Deshalb besitzt Amazon Ring. Das ist auch der Grund, warum Ring mit intelligenten Schlössern funktioniert und warum Amazon eine App besitzt, die beide verbindet, damit ihr per Fernzugriff eure Haustür für eine Lieferung öffnen könnt.
Ring hat eine Debatte über Privatsphäre und den Grad an Einfluss losgetreten, den ein Unternehmen von der Größe von Amazon haben sollte. Im Grunde handelt es sich dabei um ein Sicherheitsproblem für euer Zuhause.
Doch diese Probleme verderben uns ziemlich sicher nicht unseren Appetit auf Komfort und Geschwindigkeit. Wir müssen eine Balance finden. Einerseits müssen wir Logistikunternehmen ihre Arbeit verrichten lassen, andererseits muss das Vertrauen zwischen Giganten wie Amazon und den Kunden gewahrt bleiben.
Für den Kunden ist das Erlebnis oftmals ganz und gar nicht perfekt. Aufgrund der Kosten ist es günstiger und schneller, Artikel von geringem Wert einfach vor dem Haus zu deponieren, wenn ihr nicht zu Hause seid, als sie nochmals zuzustellen. Es ist das Risiko wert, euch für euer 9,99 € teures Paket entschädigen zu müssen, sollte das Paket verloren gehen.
Das Verhalten, die Einstellung und die Erwartungen von Kunden haben sich verändert
Eine Veränderung ist nötig und die Technologie hat die Fähigkeit, das Kundenerlebnis zu verbessern. Doch erfordert das ein neues Maß an Vertrauen oder ein Umdenken?
Vor sechs Monaten nutzte mein 81 Jahre alter Vater das Internet noch nicht. Heute ist er begeisterter Online-Einkäufer. Lebenslange Gewohnheiten wurden durch die Lockdown-Beschränkungen geändert. Heute hat er nichts mehr dagegen, Daten gegen den Komfort (und die Sicherheit) der Zustellung einzutauschen. Da ist es leicht vorstellbar, dass er eine Lieferfirma auch seine Haustüre öffnen lässt.
Diese Erfahrung und eine neue Vertrautheit bedeuten, dass er jetzt den Lieferanten traut. Wie wir alle hat er jahrzehntelang Geld der Bank und seine Zukunft einer Rentenversicherung anvertraut – Branchen, die sich oft als unzuverlässig erwiesen. Und dennoch nutzen wir alle weiterhin Banken und Rentenversicherungen. Sie sind uns vertraut, auch wenn sie nicht unbedingt immer in unserem Interesse handeln.
Das bedeutet nicht, dass Handels- und Logistikunternehmen nicht unser Vertrauen gewinnen und bewahren müssen – denn das müssen sie. Und ich befürworte auch keine jahrzehntelange Unterwanderung der Privatsphäre, die so langsam vor sich geht, dass wir sie nicht bemerken. Ganz im Gegenteil, Diskussionen rund um Daten und Privatsphäre werden sich intensivieren und nicht abflauen, je mehr wir uns dieser neuen Normalität annähern.
Von der Dienstleistung zum Produkt: Die Entwicklung der Zustellung
Bei der Zustellung geht es mittlerweile um mehr als bloß darum, einem Kunden einen Einkauf zuzustellen. Eine Zustellung ist ein Kauf. Und der ist oft wichtiger für den Kunden als der Preis des Produkts, das er kauft.
Peloton, der Hersteller von angesagten Hometrainern, weiß das. Er betreibt seine eigene Zustellfirma und nennt seine Lieferanten Markenbotschafter, da sie der einzige direkte Kontakt sind, den viele Kunden mit der Marke haben.
Anstatt die Räder über eine Drittfirma zuzustellen, nutzt Peloton den Zustellprozess, um etwas zu schaffen, was im Idealfall ein positives Kundenerlebnis ist. Die „Botschafter“ liefern das Rad und bauen es auf und schaffen so eine Beziehung und – was noch wichtiger ist – erlangen das Vertrauen des Kunden.
Durch diese Art der Einstellung ist Peloton seiner Konkurrenz einen Schritt voraus. Hoffentlich wird der durch unsere Erfahrungen im Lockdown gewonnene Respekt für Menschen, die in der Logistik arbeiten, nicht in den kommenden Monaten wieder verschwinden.