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4 Lektionen über Innovation rund um das erste Konzeptfahrzeug von Aston Martin

Der Atom, das erfolgreichste voll funktionsfähige Konzeptfahrzeug der Welt, ist ein Prunkstück der britischen Automobilgeschichte. Im Jahr 1939 entwickelt, fährt er noch heute. Auf seinen Schultern ruht die Geschichte der Marke Aston Martin, ein außergewöhnlicher Werdegang voller nützlicher Innovationsideen für Marken aller Branchen.

Lektion 1: Mit Weitblick führen

Der Atom verkörperte die Vision des Firmeninhabers Gordon Sutherland. Sutherland hatte erkannt, dass nach Ende des Weltkriegs hohe Erwartungen auf die Automobilindustrie zukommen würden: ausgeklügelt sollten die Fahrzeuge der Zukunft sein, rasant und über alle Kontinente hinweg komfortabel. Die Lösung, die der Vordenker ersann, kombinierte den Nervenkitzel des Sportwagens mit der Raffinesse der Limousine. Doch die Inspiration zu diesem neuen Konzept holte er sich außerhalb der Automobilbranche.

Sutherland hatte die Entwicklung des deutschen Deltaflügels in den 1930ern von Beginn an aufmerksam verfolgt. Er war entschlossen, ein Auto zu bauen, das die neusten Erkenntnisse und Materialien der Luftfahrt nutzte. Diesen Auftrag erteilte er dem Chefingenieur Claude Hill. Bei der Umsetzung des Konzepts hatte der erfahrene Konstrukteur völlig freie Hand.

Diese fortschrittlichen Führungsqualitäten, der Blick für Erfolgsrezepte aus anderen Branchen, das Bekenntnis zu ehrgeizigen Visionen und der Mut zum Experiment, sind für Führungskräfte ausschlaggebend, die ihr Team in der heutigen Welt der hart umkämpften Erfolge an die Spitze führen wollen.

Lektion 2: Pionierarbeit durch ganzheitliches Design

Hill entwickelte eine ultramoderne, hochinnovative viertürige Limousine, ein Fahrzeug, das seiner Zeit voraus war und von der Fachpresse gefeiert wurde.

Der Prototyp nutzte zahlreiche in der Luftfahrt erprobte Lösungen. Er verfügte über eine zweiteilige Frontscheibe und hängemattenartige Sitze, unter der Oberfläche verbargen sich gewindefurchende Schrauben und Sicherheitsmuttern. Damit bewegte sich der Atom auf Augenhöhe mit der legendären Supermarine Spitfire. Er war der Vorläufer der beeindruckenden Aston Martin-Modelle, deren gelungenes Design in den 1950ern und 1960ern Aufsehen erregte.

Auch bei den Produktionsmethoden ging man völlig neue Wege. Das Design war so clever und simpel, dass der Bau der Karosserie von zwei Personen in nur zehn Tagen durchführbar war. Der Aufbau des Konzeptfahrzeugs erlaubte einfache Anpassung und wirtschaftliche Produktion – Faktoren, die angesichts der in Kriegszeiten spärlich verfügbaren Werkstoffe ausschlaggebend waren.

Oberfläche und Innenleben zielten auf agile Entwicklung und schnelle Iteration ab, zwei Prinzipien, die Führungskräfte auch heute beim Design erfolgreicher Konzeptprodukte stets im Auge behalten sollten.

Lektion 3: Bahnbrechende (und vertretbare) Technologie

Von Kennern wird der Atom noch heute als Glanzstück innovativer Technologien verehrt.

Sein leichtes, aerodynamisches Aluminiumchassis war dem Gitterrohrrahmen des Mercedes-Benz 300 SL Gullwing um mehr als ein Jahrzehnt voraus. Seine auf einem Entwurf von Gordon Armstrong basierende Vorderachse mit einzeln aufgehängten Rädern war wegweisend. Wegweisend war auch die in Großbritannien erstmalige Nutzung einer Starrachse mit Differenzial, ein Konzept, das in der britischen Automobilindustrie später als Salisbury-Achse zum Standard werden sollte. Und nicht zuletzt war sein halbautomatisches Cotal-Getriebe der Vorläufer der heutigen Vollautomatik.

Möglich wurde der Einsatz dieser richtungsweisenden Technologien durch die Tatsache, dass der Atom als rein experimenteller Prototyp konzipiert war. Aston Martin erkannte diese innovative Technik als Zukunft der Automobilbranche und sicherte sich rechtzeitig mit Patenten ab. Eine Strategie, die beträchtlich zum Erfolg der Marke beitragen sollte.

Heute arbeiten Marketer unter Druck. Gefragt sind rasche Gewinne, der ROI darf nicht lange auf sich warten lassen. Diese Erwartungshaltung fördert die Entwicklung von Prototypen, die stets nur leichte Abwandlungen von bisher Gesehenem darstellen. Das mag zur schrittweisen Verbesserung des Designs beitragen, doch ein grundlegend neues Erlebnis bringt dieser Ansatz nicht hervor.

Innovation braucht Führungskräfte im Bereich Kundenerlebnis, die ihrem Team Zeit und Mittel zur Entwicklung von potenziell unverkäuflichen Konzepten bereitstellen, denn aus diesen entwickeln sich letztlich zukunftsweisende Funktionen aufsehenerregender Produkte.

Lektion 4: Der Schlüssel heißt Flexibilität

Der Atom wurde 1940, nur sechs Wochen nach der Evakuierung der Alliierten aus Dünkirchen, fertiggestellt und zugelassen. Der Zweite Weltkrieg brachte dem Unternehmen unerwartete Einnahmen durch die Herstellung von Flugzeugteilen, im Vordergrund stand daher die kriegswichtige Produktion und nicht so sehr die Weiterentwicklung des spannenden neuen Prototyps.

Die unerwartete Konsequenz war, dass der Atom eine lange Testphase durchlief. Im Laufe der Kriegsjahre brachte er es auf mehr als 160.000 Kilometer – Bedienbarkeit und Fahrkomfort erhielten so den Feinschliff bei Geschwindigkeiten bis zu 140 oder sogar 160 km/h.

Angesichts der beträchtlichen Investition, die zur Serienherstellung des Atom erforderlich war, entschied sich Sutherland zum Verkauf des Unternehmens. Er veröffentlichte eine Annonce in der Zeitung The Times. David Brown, ein englischer Industrieller und Unternehmer, stieß auf die Anzeige, unternahm eine Testfahrt und war beeindruckt.

Er erkannte in der fortschrittlichen, patentierten Technologie des Atom den Schlüssel zum zukünftigen Erfolg der Marke. Brown erwarb Aston Martin 1947, das Unternehmen sollte fast 25 Jahre in seinem Besitz bleiben.

Der Ausbruch des Krieges muss für das Team entmutigend gewirkt haben, es passte sich jedoch an die Situation an und konzentrierte sich auf das, worüber es die Kontrolle hatte: Testen und verbessern. Die Notwendigkeit, sich neuen Herausforderungen zu stellen, ist ein Schlüsselfaktor bei Projekten der digitalen Transformation. Die Fähigkeit, diese Art von Wandel zu vollbringen, ist für jene, die Erfolge erzielen wollen, unerlässlich.

Die letzte Meile

Kurz nachdem Brown Aston Martin erworben hatte, begann der Bau einer aktualisierten Version. Im Jahr 1948 wurde der Prototyp zum 24-Stunden-Rennen von Spa angemeldet, bei dem er seine Belastbarkeit unter Beweis stellen sollte. Der Atom gewann das Rennen klar.

In jenem Jahr startete der Verkauf des ersten Produktionsmodells, ein Sportwagen mit 2-Liter-Motor, der später als DB1 bekannt wurde. Fünfzehn Jahre später debütierte der unsterbliche DB5 im Film „Goldfinger“, es war der Beginn einer 50 Jahre andauernden Partnerschaft mit dem Film-Franchise James Bond.

Die Geschichte des Atom und sein im Laufe eines Dreivierteljahrhunderts entstandenes Erbe haben zum Aufbau des Kultstatus beigetragen, den Aston Martin heute genießt. Und sie haben uns Einblicke verschafft, die in der Welt der Innovation in den nächsten Jahren relevant sein werden, in der Automobilbranche und darüber hinaus.


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