
- 1 Kommunikation als Verkaufsinstrument: Chatbots verbessern das Kundenerlebnis
Kommunikation als Verkaufsinstrument: Chatbots verbessern das Kundenerlebnis
Stellen Sie sich vor, Sie werden online von einem persönlichen Stylisten beraten, der Ihnen individuell auf Sie abgestimmte Outfits samt Accessoires empfiehlt. Sie müssen keine Filter bearbeiten oder Hunderte von Suchergebnissen durchforsten. In einem nächsten Schritt wird Ihr Stylist dann in der Lage sein, Empfehlungen zu analysieren, die auf Ihrer Konfektionsgröße und Ihrem Budget sowie dem verfügbaren Warenbestand basieren. Anschließend können Sie noch problemlos Ihre Freunde nach ihrer Meinung fragen, eine endgültige Entscheidung treffen und Ihr Outfit schließlich mit nur einem Klick kaufen.
Angesichts der jüngsten Verbesserungen in den Bereichen Messaging, Chatbots und künstliche Intelligenz ist dieses Szenario durchaus möglich, und der Stylist muss nicht einmal ein Mensch sein. KI-Plattformen können viel mehr als nur Produktlisten durchforsten und Suchergebnisse anzeigen. Sie können Kundenpräferenzen erfassen und speichern, Ergebnisse an diese Präferenzen anpassen und sogar ähnliche Produkte empfehlen, die andere Kunden als nützlich empfanden, oder ganze Outfits vorschlagen, die dem persönlichen Stil des Kunden entsprechen.
rue21, ein Fachhändler für Bekleidung und Accessoires für Teenager, zählt zu den Unternehmen, die diese Innovationen kürzlich aufgegriffen und einen Chatbot eingeführt haben. Der von mode.ai (einem Unternehmen, das auf plattformunabhängige, KI-gestützte Virtual Style Bots für Einzelhändler spezialisiert ist) entwickelte Chatbot ist ein virtueller Stylist, dessen Ziel es ist, die Interessen und Vorlieben von Käufern kennenzulernen, auf ihre Wünsche einzugehen und sogar Artikel zu empfehlen, um Outfits zu ergänzen. Diese Funktionen dienen dazu, den Einkaufsprozess für Kunden zu vereinfachen und zu personalisieren und damit das Markenerlebnis insgesamt zu verbessern.
Aufgrund des Wettbewerbsdrucks, mit dem viele herkömmliche Ladengeschäfte zu kämpfen haben, musste rue21 kürzlich ein Drittel seiner Filialen schließen. Um Kunden weiterhin persönlich anzusprechen, wie es die Mitarbeiter in einem Geschäft vor Ort tun würden, integriert das Einzelhandelsunternehmen einen virtuellen Style-Chatbot in Facebook Messenger, um so Kunden zu binden.
„Chatbots bieten Einzelhändlern Potenzial, das sie nicht ungenutzt lassen sollten“, so Karen Ouk, Senior Vice President of Business Development bei mode.ai. „Zum ersten Mal haben Millennials die größte Kaufkraft – und doch sind sie die Verbraucher mit der geringsten Interaktion. Allerdings sind sie auf Messaging-Plattformen äußerst aktiv. Daher liegt es nahe, diese und jüngere Altersgruppen auf Plattformen anzusprechen, auf denen sie bereits aktiv sind.“
Vom Kundendienst zum Kundenerlebnis
Während herkömmliche Chat-Interaktionen auf Marken-Websites gehostet werden, um Kundendienstgespräche zwischen Kundendienstmitarbeiter und Kunden zu erleichtern, werden Chatbots auf einer Messaging-Plattform gehostet, sind KI gestützt und erfüllen Bedürfnisse, die weit über die herkömmlichen Service-Anfragen beim Kundendienst hinausgehen. Chatbots können sogar auf Kundenanfragen antworten, die per Sprache, Text oder Bildern übermittelt werden, und ein Gruppengespräch ermöglichen, wenn Kunden ihre Freunde zum Chat einladen.
Michael Klein, Adobe Director of Industry Strategy for Retail, erklärt, dass Chatbots zwar Kundendienst-Teams und Verkäufer entlasten können, ihr eigentlicher Vorteil aber in der Personalisierung und Interaktion liegt. „Einzelhändler können es sich nicht leisten, den Nutzen von Chatbots zu unterschätzen. Sie haben nicht nur das Potenzial, außergewöhnliche Online-Erlebnisse bereitzustellen, sondern regen auch zum Kauf an und sorgen dafür, dass sich die Menge der Artikel in den Warenkörben der Kunden erhöht.“
Bei rue21 wird der Chatbot selbsterklärend als „virtueller Stylist“ bezeichnet, der Kunden bei der Auswahl von Artikeln unterstützt, die ihrem Stil, ihren Bedürfnissen und ihrem Budget entsprechen. Den Einsatzbereich eines Chatbots für einen bestimmten Zweck einzugrenzen ist wichtig, um sicherzustellen, dass die Interaktionen wirklich hilfreich sind. Schaltflächen zur schnellen Beantwortung können Kunden außerdem helfen, den Chatbot zu erkunden und sich über die Eigenschaften und Funktionen des Bots zu informieren.
Neben dem Chat, dessen natürliche Sprachverarbeitung in diesem frühen Stadium unter Umständen noch eingeschränkt ist, bietet mode.ai auch eine Funktion für visuelle Analysen. Käufer können ein Bild in den Chatbot hochladen, ein Kleidungsstück auf dem Foto auswählen und Empfehlungen für ähnliche Artikel erhalten. Sie müssen sich aber nicht auf die Empfehlungen des Chatbot-Stylisten verlassen. Mithilfe der neuen Social-Sharing-Funktionen in Facebook Messenger können Käufer ihre Freunde um Rat fragen, indem sie einfach auf eine Schaltfläche zum Teilen klicken und die Freunde auswählen, von denen sie sich beraten lassen möchten.
Die Lernkurve
Die Chatbot-Technologie ist relativ neu. Viele Chatbots der aktuellen Generation sind wie Kinder: Sie möchten gefallen und müssen erst noch lernen und Erfahrungen sammeln. Und im Vertrieb und Kundendienst kann es mitunter sehr steile Lernkurven geben. Doch dank künstlicher Intelligenz lernen Chatbots bei jeder neuen Interaktion, wie sie vorgehen müssen, um die jeweils hilfreichsten Antworten zu präsentieren. Allerdings kann das ein teures Vergnügen werden, wenn diese Interaktionen dazu führen, dass sich Kunden abwenden.
Um den Lernprozess zu erleichtern, müssen sich Marken darauf konzentrieren, Abläufe einfach und das Erlebnis so intuitiv wie möglich zu gestalten. Sie sollten den Kunden außerdem Orientierungshilfen bieten und ihnen vermitteln, wie sie mit Chatbots interagieren können, um positive Erlebnisse zu erzielen. Denken Sie zum Vergleich ans Online-Shopping. Noch vor 15 oder 20 Jahren war es unüblich, online einzukaufen. Die Internet-Verbindungen waren langsam, die Möglichkeiten begrenzt und die Benutzeroberfläche verwirrend. Heute können Kunden davon ausgehen, dass Online-Shops ähnliche visuelle Layouts und eine entsprechend optimierte Benutzeroberfläche aufweisen, die ihnen bei jedem Einzelhändler eine bequeme Navigation ermöglicht.
Chatbots werden eine ähnliche Entwicklung vollziehen. Auf der F8-Entwicklerkonferenz von Facebook im März kündigte das Unternehmen zusätzliche Funktionen für seine Messenger-App an, die das Chatbot-Erlebnis verbessern, darunter eine Menüstruktur. Die Benutzeroberfläche ist zunehmend standardisiert, und die Erlebnisse werden durch gestaffelte Rollouts von Einzelhändlern weiter verbessert.
Eitan Sharon, Gründer und CEO von mode.ai dazu: „Chatbots entwickeln sich schneller als Apps bei der Einführung des Appstore. Jeden Monat führen Messaging-Dienste weitere Funktionen ein, die die Chatbot-Fähigkeiten verbessern, was dazu führt, dass es immer mehr und immer bessere Chatbots gibt.“ Pioniere in diesem Bereich wie mode.ai werden die Messlatte für alle anderen Anbieter sein.
Best Practices für Ihren Chatbot
Abgesehen von der Eingrenzung des Anwendungsbereichs eines Chatbots und der Unterstützung der Kunden bei der Navigation durch das Erlebnis ist die Erwartungshaltung der Kunden entscheidend für einen reibungslosen Übergang von physischen zu digitalen Interaktionen. Einige Marken sind bestrebt, digitale Interaktionen so zu gestalten, dass sie zwischenmenschlichen Interaktionen möglichst ähnlich sind. Das kann problematisch werden, wenn die Imitation zu gut ist. Wenn Kunden nicht gleich erkennen, dass sie mit einem Computer sprechen, wirkt sich das auf ihre Erwartungen aus. Sobald der Chatbot an einer Frage scheitert und dem Kunden nicht helfen kann, wird die Illusion zerstört und der Computer dahinter erkennbar. Werden jedoch keine falschen Erwartungen geweckt, lassen sich Kunden in der Regel nicht durch das begrenzte Verständnis oder die eingeschränkten Fähigkeiten von Chatbots abschrecken, und ihr Eindruck von der Interaktion bleibt positiv.
Um einer möglichen Unsicherheit seitens der Kunden noch weiter entgegenzuwirken, benötigen Unternehmen eine effiziente Ausweichlösung. Wenn beispielsweise einem Kunden für eine Bestellung zu viel berechnet oder eine falsche Größe zugesandt wurde, kann ein Chatbot ihm nicht weiterhelfen. Errol Denger, Director of Commerce Program and Strategic Alliances bei Adobe dazu: „Sie brauchen ein effektives Protokoll, das die Kunden informiert, wenn der Chatbot nicht weiterhelfen kann und sie daher an einen Mitarbeiter weitergeleitet werden. Anschließend stellen Sie sicher, dass das Problem gelöst wurde, damit Ihre Kunden nicht das Vertrauen in den gesamten Prozess verlieren.“
In diesem Szenario sorgt das Weiterleiten von Kunden an den richtigen Kanal, um ihnen bei ihren Anliegen zu helfen, für ein hervorragendes Erlebnis. Marken mit Chatbots sollten aber auch erkennen, dass sie für ihre Kunden auf diesem einen Kanal ein umfassendes Erlebnis gestalten können – von der Online-Suche bis zum Kauf. Karen Ouk dazu: „Wir sehen den Erfolg von Käufen mit nur einem Mausklick bei Amazon. Und andere Einzelhändler, die derart nahtlose, mobile und bequeme Erlebnisse bieten können, werden ebenfalls mehr Interaktionen und Umsätze verzeichnen. Dabei wollen wir den Einzelhändlern helfen.“
Neue Kanäle für neue Chancen
Letztendlich sind Chatbots zwar immer noch eine neue Technologie, aber sie verbreiten sich rasant, und es wird nicht lange dauern, bis die Technologie ausgereift ist.
Laut Eitan Sharon beteiligt sich bereits eine Milliarde Menschen aus anderen Teilen der Welt aktiv am E-Commerce via Messaging. „Dieser Kanal hat sich als ein sehr erfolgreicher Trend etabliert, den Einzelhändler aufgreifen sollten. Es hat sich schon eine Menge getan, und wir steigen nun spät ein.“
Karen Ouk geht auf einen weiteren Vorteil des Messaging-Kanals ein: „Wir haben weniger als einen Monat gebraucht, um den virtuellen Stylisten von rue21 in einem ganz neuen Live-Kanal einzuführen, mit dem potenziell 1,2 Milliarden Facebook Messenger-Nutzer erreicht werden können. Es gibt nicht sehr viele neue Kanäle, in denen Einzelhändler in so kurzer Zeit und mit einer derartigen Reichweite starten können.“
Bald schon wird es ganz selbstverständlich sein, sich einen neuen Look von einem Chatbot-Modeexperten vorschlagen zu lassen, und dann werden wir uns fragen, wie wir jemals ohne Chatbots ausgekommen konnten.
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